von Stefan M. Fels
Es war stockdunkel als Julia McNeal erwachte. Sie schlug mühsam
die Augen
auf, aber die Dunkelheit blieb so undurchdringlich wie zuvor. Julia
wollte
mit der Hand nach ihren Augen tasten, es gelang ihr nicht. Sie konnte
ihre
Arme nicht rühren, etwas blockierte sie. Feuchtes, kaltes Erdreich
und
durchweichter Stoff.
Julia spannte die Muskeln an und bewegte beide Arme. Die kalte Erde
war locker, sie gab nach. Mühelos schaufelte Julia sie beiseite,
grub sich
zur Oberfläche. Die Frau geriet nicht außer Atem dabei.
Julia atmete überhaupt
nicht mehr. Julia war... ein Zombie.
Der linke Arm stand seltsam verkrümmt vom Körper ab, er war
beim Sturz in
die Grube gebrochen. Ihr lichtes Haar klebte naß am Kopf und
war mit
Erdkrumen bedeckt. Auch ihre Kleidung war schmutzig. Julias Augen
flackerten,
etwas fehlte noch, sie bückte sich und grub ihre Hände ins
feuchte Erdreich.
Dann hatte sie gefunden was sie suchte, ihre Finger schlossen sich
um den
Gegenstand und zogen ihn aus der Erde, wo er viele Jahrtausende gelegen
hatte. Julia erhob sich, ihr Kopf ruckte herum in Richtung der Stadt,
langsam setzte sie sich in Bewegung.
Deputy Ringwald parkte seinen Dienstwagen, einen
schwarz-weißen
Jeep Cheerokee,
vor seinem Haus am Waldrand. Die Untersuchungen im Fall Sam McNeal
hatten
lange gedauert, es war bereits kurz nach Mitternacht. John Ringwald
ging langsam
über den Kiesweg zu seinem Haus, er wollte keinen unnötigen
Lärm machen, um
Cathy und die Kinder nicht zu wecken. In der linken Hand hielt er,
eingeschlagen
in ein grobes Tuch, seinen Schatz: Die schwere Schatulle mit dem
geheimnisvollen
Dolch darin. Ringwald betrat den Flur ohne Licht zu machen. Er
verharrte
kurz, dann
öffnete er die Tür zum Keller. Eine seltsame Erregung hatte
ihn gepackt als er die
schmale Steintreppe hinunterstieg. Er betrat den Kellerraum, an den
Wänden befanden
sich ausgestopfte Tiere: Vögel, einige Eichhörnchen sowie
die Köpfe einiger größerer
Tiere. Das Präparieren war neben der Jagd Ringwalds
größtes
Hobby. Allerdings mußte
er die Tiere allesamt im Keller ausstellen, Cathy haßte es tote
Tiere um sich zu haben.
Cathy. Ein merkwürdiges Gefühl erfaßte Ringwald als
er an seine junge Frau dachte.
Nervös nahm er an dem kleinen Tisch Platz, der mit den Werkzeugen
und Chemikalien
zur Präparation überhäuft war, und stellte die
kostbare Schatulle vor sich hin. Durch
ein kleines Fenster fiel fahles Mondlicht in den Raum. Ringwald
schaltete
die Tischlampe
ein und klappte beinahe ehrfürchtig die Schatulle auf. Ein
leichter
Regen hatte
eingesetzt und wurde vom Wind gegen das Kellerfenster gedrückt.
Die Reflexion
der Lampe auf der blanken Klinge erhellte Ringwalds Gesicht. Er nahm
die Waffe aus
dem Behältnis und wog sie in seiner Hand. Sie war
ungewöhnlich
schwer und der Griff
fühlte sich warm an in seiner Hand, beinahe schon lebendig.
Ringwald
verharrte minutenlang,
der leichte Regen wurde zu einem ausgewachsenen Gewitter und ein Blitz
erhellte
den Kellerraum. Eine Sekunde später folgte der Donner und die
Lampe erlosch.
Ringwald trat vom Tisch zurück, der Stuhl kippte um und schlug
polternd zu Boden.
Wieder erhellte ein Blitz den Keller. Ringwald hielt den Dolch fest
in der Hand und lächelte
bösartig, seine Augen glühten schockgrün!
Mit ungelenken, abgehackten Bewegungen schritt Julia durch den
finsteren
Wald. Ihre
Kleider klebten feucht und klamm am Körper, aber das konnte Julia
nicht mehr spüren, mit
gleichmäßigen Bewegungen näherte sie sich der Stadt.
Triple Hill. Dort gab es Leben,
dieses Leben war Julias Feind. In ihrer rechten Hand hielt die Tote
eine schwere, grünlich
schimmernde Kette mit einem großen Medaillon. Es war die Macht
dieser Kette, die Julias
toten Körper lenkte. Früher hatte die übergewichtige
Frau eine Gehhilfe benötigt und war
schnell außer Atem geraten. Nun marschierte sie seit über
einer Stunde wie ein Automat
über den schlammigen, unebenen Waldboden. Gestrüpp und
Äste
zerrissen den Stoff ihres
Kleides. Als Julia den Wald verließ verschwand der Mond
endgültig
hinter dichten Wolken
und ein heftiger Regen setzte ein. Mit staksigen Schritten näherte
sich Julia dem alten Friedhof
außerhalb von Triple Hill. Das rostige, uralte Tor quietschte
als Julia es aufstieß. Der Wind
steigerte sich zu einem regelrechten Sturm und der Widerschein der
zuckenden Blitze
enthüllte eine grausige Szene: Julia stand wie eine Königin
mitten auf dem alten Friedhof,
um sie herum wühlten sich die Toten aus ihren Gräbern ins
Freie.
Paul Berg wälzte sich unruhig in seinem Bett umher, das
Gewitter
ließ ihn nicht schlafen.
Mißmutig erhob er sich schließlich und ging ans Fenster.
Der hochgewachsene blonde
Mann wohnte erst seit einem halben Jahr in Triple Hill. Er war aus
Kanada herüber
gekommen und wurde von den Einheimischen entsprechend mißtrauisch
beäugt. Einzig
mit seinem Nachbar John Ringwald verstand sich Berg sehr gut, Auch
mit dessen
Frau, mit Cathy. Er mochte sie und sie mochte ihn. Sehr sogar.
Vermutlich
mehr
als der Deputy erfahren sollte. Berg kniff die Augen zusammen. Der
Sturm zerrte
an den Kronen der alten Bäume und peitschte den Regen gegen die
Scheibe.
Die Stadt lag in völliger Finsternis, das war ungewöhnlich.
Berg sah zu seinem
Radiowecker hinüber, die Leuchtanzeige war erloschen.
„Na fabelhaft“, murmelte er verdrossen, „auch noch ein Stromausfall.“
Mit einem säuerlichen Grinsen trat Berg näher ans Fenster
und versuchte das Haus seines
Nachbarn auszumachen, es lag auf der gegenüberliegenden
Straßenseite.
Ein Blitz erhellte
für den Bruchteil einer Sekunde die Nacht und Berg gefror das
Blut in den Adern.
Gegenüber am Wohnzimmerfenster im Erdgeschoß hatte er seinen
Nachbarn John
Ringwald gesehen. Der Deputy hatte einen Dolch stoßbereit
über
dem Kopf gehalten
und in seinen Augen flackerte der Wahnsinn! Berg überlief ein
eiskalter Schauer.
Cathy und die Kinder! Er drehte sich auf dem Absatz herum und
stürzte
aus dem Haus.
Im Nachbarhaus bahnte sich eine Tragödie an. Hoffentlich war es
noch nicht zu spät.
Cathy Ringwald glaubte verrückt zu werden. Ihr Mann John
hämmerte
wie von Sinnen
mit Fäusten gegen die Eßzimmertür und stieß dabei
wüste Drohungen aus. Hinter Cathy
drückten sich Anne und Melinda, die Zwillinge ängstlich
gegeneinander.
Christopher, der
Jüngste, schlief in dieser Nacht außerhalb bei einem seiner
Freunde. Cathy stemmte sich
mit aller Kraft gegen die Kommode, die sie hastig vor die
Tür
geschoben hatte. Sie fröstelte,
plötzlich hatte John im Schlafzimmer gestanden, mit glühenden
Augen und einem Dolch
in Händen. Er war wie von Sinnen gewesen und hatte sie und die
Kinder töten wollen.
Zum Glück war er in seiner Raserei so unglücklich
gestürzt,
das Cathy mit den Zwillingen
ins Eßzimmer flüchten konnte. Dort allerdings war die Flucht
zu ende gewesen.
Mittlerweile war es still geworden vor der Tür, Cathy wischte
sich fahrig die langen
schwarzen Haare aus der Stirn, ihre Hände zitterten wie
Espenlaub. Cathy fror
erbärmlich in dem dünnen Nachthemd, das überdies bei
der Flucht durch die Wohnung
zerrissen war. Sie sah sich nach einer Decke oder etwas ähnlichem
um. Ein lautes
Krachen ließ sie zusammenfahren, sie fuhr herum. Direkt vor ihrem
Gesicht ragte
die blitzende Dolchklinge aus dem Türblatt!
Cathy schrie gellend.
Julia schritt einer grausigen Armee von Untoten voran. Lebende Tote
in allen Stadien der
Verwesung folgten ihr mit unsicheren Bewegungen. In der Dunkelheit,
in Regen und
Sturm war ihre Anzahl nicht auszumachen, es mußten Dutzende sein.
Julia blieb kurz
stehen um zu lauschen. Der Regen prasselte auf die Körper der
Untoten, der Sturm
zerrte wütend an den Überresten ihrer Kleidung. Julia trug
das Amulett mittlerweile
um den Hals. Sie drehte ruckend ihren Kopf, ihre toten Augen glotzten
in das Unwetter.
Sie suchte. Sie suchte den Dolch. Deutlich konnte sie seinen Ruf
vernehmen.
Nur wenn
der Dolch und das Amulett vereint waren konnten sie ihre ganze Macht
ausspielen. Den
Träger übermächtig machen und diesen Planeten
beherrschen!
Julia empfing etwas, eine
Schwingung, jetzt schon viel näher. Sie setzte sich wieder in
Bewegung, ihre Schritte waren
sicherer und kraftvoller als sie es zu ihren Lebzeiten je gewesen
waren.
Das Heer der
Untoten folgte ihr. Die lebenden Leichen stimmten einen schaurigen,
klagenden Gesang
an. Es würde eine endlose Nacht werden, eine Nacht die Triple
Hill niemals
vergessen würde.
„John? John, wo stecken Sie? Geben Sie doch Antwort! Cathy?“
Bergs Stimme hallte durch den dunklen Korridor. Dieser verdammte
Stromausfall.
Berg durchschritt die Küche der Ringwalds. Nur das grelle Licht
der Blitze erhellte immer
wieder für den Bruchteil von Sekunden die völlige Finsternis.
Zudem übertönte das Geräusch
des Sturms und der Donner jedes andere Geräusch, Berg sah sich
immer wieder nervös um.
Das Bild des rasenden Deputy mit dem Dolch hatte sich tief in seine
Gedanken gegraben.
Berg hielt in seinen Bewegungen inne, er hatte etwas gehört. Ein
leises Wimmern, ein
Schluchzen. Cathy! Sie war noch am Leben. Berg näherte sich der
Tür zum Eßzimmer,
er kannte das Haus seines Nachbarn von einigen Besuchen. Berg blieb
vor der Tür stehen,
in Kopfhöhe war ein großes Loch hinein geschlagen worden.
Das Schluchzen war hinter
der Tür erklungen.
„Cathy? Cathy, bist du das?“, flüsterte Berg.
Das leise Schluchzen verstummte und Cathys Gesicht in dem Loch in der
Tür. Sie war blaß,
ihr Haar hing ihr wirr in die Stirn, ihre Lippen zitterten. Berg wollte
ihr gerade beruhigend
zureden als sich Cathys Augen weiteten, ihr Mund öffnete sich
zu einem schrillen Schrei,
„Nnneeeeeeiiiiiiiin!“
Berg wirbelte herum, hinter ihm stand hochaufgerichtet John Ringwald!
Er hatte
Schaum vor dem Mund, seine Augen glühten, in der Hand hielt er
den Dolch hoch
erhoben. Bereit zum Stoß. Dann sauste die Klinge auf Berg herab.
Es war ein Bild des Grauens. Die Tür hatte dem Ansturm der
Untoten
nicht lange standgehalten.
Nun strömten die lebenden Leichen zu Dutzenden in das
Mädchenpensionat
„Northern Grounds“.
Zunächst hatten die Mädchen das Ganze noch für einen
äußerst makabren Scherz gehalten,
dann war eine heillose Panik ausgebrochen. Inzwischen hatten sich die
Überlebenden in
der Aula verschanzt. Doch nicht alle Bewohner der kleinen Privatschule
hatten es geschafft
dem Strom der Zombies zu entkommen. Einige waren in den verwinkelten
Gängen eingekesselt
worden und den hungrigen Toten in die gierigen Klauen gefallen. Ein
schauriges Schmatzen
und das Krachen von Knochen hallte durch die Flure und vermischte sich
mit dem auf-
und abschwellenden Gesang der wandelnden Leichen.
„Man muß doch etwas tun können!“, weinte Susan Warren und
kauerte sich zusammen. Susan
war die Tochter des einzigen Arztes in Triple Hill und besuchte
deswegen
die teure Elite-Schule.
Sie war 17, wie die meisten der knapp 20 Mädchen, rothaarig und
etwas pummelig.
Gina Davenport legte beruhigend den Arm um die jüngere
Mitschülerin,
„Hey, beruhige dich, Sue, alles wird gut. Außerdem bin ich ja
bei dir.“
Susan blickte aus verweinten Augen zu Gina auf, die tatsächlich
ein zuversichtliches Grinsen
zustande brachte. Die blonde Gina war mit ihren 19 Jahren die
älteste
an der Schule, ihr Vater ein
reicher New Yorker Anwalt hatte seine einzige Tochter aufs Land
geschickt
wo sie „keinen
Unfug machen konnte“, wie er es formuliert hatte. Gina war der
Troubleshooter
unter
den ansonsten braven „Northern Grounders“ und außerdem Susans
Vorbild. Im Moment
hatte Gina allerdings genausoviel Angst wie alle anderen in der dunklen
Aula, auch wenn
sie es besser verbergen konnte. Noch immer lächelte sie Susan
an und diese lächelte
ängstlich zurück.
Plötzlich zerbarst eines der vergitterten Fenster und ein
Knochenarm
schob sich herein und
tastete blind um sich! Susan schrie.
Berg warf sich geistesgegenwärtig zur Seite und die blitzende
Dolchklinge
fuhr krachend in
den Türrahmen. Cathys Schrei hallte durch die stockfinstere
Küche.
Berg kroch hastig über
den Fußboden in Richtung Ausgang, er verfluchte sich dafür
keine Waffe mitgenommen zu
haben. Plötzlich trafen ihn John Ringwalds Fäuste in die
Nieren., Berg stöhnte auf und sackte
zu Boden. Er wollte sich herumwerfen, aber da fühlte er schon
den stahlharten Griff des
Deputys an seiner Kehle. Berg stemmte sich verbissen gegen seinen
rasenden
Nachbarn.
Schon wurde ihm die Luft knapp. Sterne tanzten vor seinen Augen, er
fühlte, das er
gleich ohnmächtig werden würde. Mit letzter Kraft rammte
er Ringwald den
Ellenbogen in den Unterleib. Zwecklos, der unbarmherzige Griff des
Polizisten
lockerte sich nicht. Schon begannen rote Nebel vor Bergs Augen zu
tanzen.
Ein
endloser schwarzer Schacht tat sich vor ihm auf, er schloß mit
seinem Leben ab.
Plötzlich hörte er ein widerliches schmatzendes
Geräusch.
Ein Stöhnen ertönte und
der eisenharte Griff an seinem Hals war verschwunden. Neben ihm schlug
Ringwald
schwer auf den Küchenboden und blieb neben Berg liegen. Aus toten
Augen starrte er
gegen die Decke. Berg drehte sich zur Tür herum, dort stand Cathy.
Sie hielt den
blutigen Dolch in ihren zitternden Händen, ihr Blick war eine
Mischung aus
Fassungslosigkeit und Erleichterung. Berg atmete tief durch und
versuchte
ein
Lächeln. Doch plötzlich war da ein Glühen in Cathys
Augen und ein böses Lächeln
spielte um ihre Lippen.
„Oh nein“, stöhnte Berg, „das kann doch alles nicht wahr sein.“
Julia war wütend, sie drohte die Kontrolle über das Heer
der
Untoten zu verlieren. Die
Kraft des Amuletts hatte den Toten nicht nur ein neues, anderes Leben
eingehaucht,
sondern auch deren Hunger geweckt. Den Hunger auf Fleisch. Auf das
Fleisch der Lebenden.
Beim Zug durch Triple Hill war die Kolonne auch an der kleinen
Privatschule
vorbeigekommen. Die Zombies hatten die Menschen in dem flachen Bau
gewittert und
waren dann in das Gebäude eingedrungen. Julia hatte sie nicht
davon abhalten können.
Nun stand sie im prasselnden Regen und Sturm auf der unbeleuchteten
Hauptstraße
und konzentrierte ihre erwachenden mentalen Kräfte. Sie
mußte
den Dolch in die
Hände bekommen! So schnell wie nur möglich. Und dazu
benötigte
sie die Hilfe
dieser törichten Untoten. Julia wandte ihren Kopf in Richtung
der Privatschule und
begann mit hohler Stimme die Toten zu rufen.
Nackte Panik herrschte in der Aula der „Northern Grounds“
Mädchenschule.
Die knochige Totenklaue ragte in den Raum und zuckte vor und
zurück
wie eine
wütende Schlange. Plötzlich hatten sich die Knochenfinger
in Ginas blonden Haarschopf
gekrallt. Gina keuchte überrascht und wurde gegen das Fenster
gerissen. Ihre Augen
waren weit geöffnet, sie war viel zu überrascht um zu
schreien.
Susan und eine Mitschülerin
sprangen auf um Gina zu Hilfe zu eilen, aber da hatte die Knochenhand
die hübsche
Blondine schon gegen das Fenster gezerrt, wo sofort mehrere andere
Totenarme sich
in ihr Nachthemd krallten und es zerrissen. Susan drosch verzweifelt
auf die Knochenarme
ein, die Angst um ihre Freundin verlieh ihr nie gekannte
zusätzliche
Kraft.
Knochenhände verkrallten sich in Ginas Gesicht und mit einem
entsetzlichen
Ruck
wurde sie durch die Gitterstäbe vor dem Fenster gerissen. Man
hörte das Brechen
von Knochen und das triumphierende Geheule der Toten. Zurück
blieben
nur blutige
Gitterstäbe und ein einzelner Pantoffel. Ein Damm brach in Susan,
sie sah sich hektisch
um und entdeckte die gekreuzten Säbel über dem Kamin. Mit
einem Schritt stand sie
vor dem Kamin, kippte einen Sessel um und stieg darauf. Sie riß
die beiden Säbel an
sich und sprang zu Boden. Krachend barsten die beiden Türen die
in die Aula führten
gleichzeitig und Dutzende Untote wälzten sich herein. Auch durch
das zerstörte
Fenster waren zwei Zombies eingedrungen. Rücken an Rücken
standen die
verbliebenen acht Mädchen und ihre Direktorin gegen eine zehnfache
Übermacht.
„Alles aus...“, murmelte Susan.
Berg bewegte sich langsam von Cathy weg, dabei behielt er sie genau
im Auge. Sie
folgte ihm mit geschmeidigen Bewegungen. Ihr zerrissenes Nachthemd
klaffte weit
auseinander und ließ viel von ihrer aufregenden Figur sehen.
Cathy lachte bösartig.
Mit tastenden Schritten bewegte Berg sich rückwärts von ihr
fort, er wollte die
Wahnsinnige zunächst von den Kindern weg lotsen. Als Berg den
Küchentisch zwischen
sich und Cathy gebracht hatte, stieß er das Möbelstück
mit Wucht gegen sie und rannte
dann auf den Flur hinaus. Er hörte wie Cathy den Tisch einfach
zur Seite schlug und
ihm dann nachsetzte. Mit zwei langen Schritten war Berg im Flur. Es
blieb keine Zeit
sich zu orientieren, er hetzte blind die Treppe in den ersten Stock
hinauf. Der Waffenschrank!
Im Korridor neben dem Schlafzimmer der Ringwalds befand sich ein
kleiner
Waffenschrank.
Berg erreichte das obere Ende der Treppe und hetzte ins Dunkle voran.
Dicht hinter sich
hörte er Cathys Schritte und ihr Fluchen. Mit Wucht prallte Berg
im Dunklen gegen
den Waffenschrank. Er fluchte. Der Schrank war natürlich
abgeschlossen
und der
konnte ihn ja nicht gut mit der bloßen Hand einschlagen. Cathy
erschien am Treppenabsatz
und verharrte für einen Moment. Dann starrte sie zu Berg
hinüber
und ihre Augen
glühten hellgrün in der Finsternis. Berg konnte sehen wie
sie sich zu Schlitzen
verengten, höchstens 5 Schritte trennten ihn noch von der Furie.
Ein häßliches
Fauchen drang aus Cathys Kehle, dann stürzte sie wieder auf Berg
los. Der handelte.
Er trat an die gegenüberliegende Wand zurück um Schwung zu
holen. Dabei
spürte er einen Bilderrahmen im Rücken. Mit einer
fließenden
Bewegung riß er
das Bild von der Wand um hämmerte es in die Glastür des
Waffenschranks.
Seine Rechte schloß sich um den Lauf einer Schrotflinte. Als
er sie aus der Vitrine
riß, prallte Cathy gegen ihn. Berg taumelte rückwärts
und schwang das Gewehr wie
eine Keule. Er traf. Ein trockenes Krachen war zu hören und das
Glühen in Cathys
Augen erlosch. Sie stürzte zu Boden und blieb reglos liegen.
Schweratmend
ließ sich
Berg in die Knie sinken.
Mit dem Mut der Verzweiflung drosch Susan in die Wand aus gierigen
Armen
und
ausdruckslosen Totengesichtern ein. Immer enger rückten die
Verbliebenen
zusammen,
wehrten sich mit abgebrochenen Stuhlbeinen und den beiden
Deko-Säbeln
gegen die
Zombies. Eine kurze Unaufmerksamkeit kostete die Direktorin das Leben.
Plötzlich schlossen
sich eiskalte Totenhände wie Schraubstöcke um ihr Handgelenk
und zerrten sie in die
schaurige Masse der Untoten. Mrs Carson wurde zu Boden gerissen und
von der Woge
der lebenden Leichen begraben. Ein grausiger Schrei erklang als sie
ihr die Arme ausrissen,
dann verstummte sie. Der Widerstand der Mädchen war gebrochen.
Immer mehr erlahmte ihre
Abwehr, immer enger schloß sich der Kreis um sie. Dann hatten
die Klauen der Untoten sie
erreicht, auch Susan wurde von kalten teigigen Händen gepackt.
Ein wurmzerfressenes
Totengesicht erschien direkt vor ihrem und der Mund voller langer,
schiefer Zähne
öffnete sich langsam. Susan roch den fauligen Atem, sie schrie
nicht mehr, sie schloß
einfach die Augen. Dann war plötzlich der Druck an ihrem
Handgelenk
weg. Kraftlos
sackte Susan zu Boden und öffnete zögernd die Augen. Die
Untoten hatten sich urplötzlich
abgewandt und strebten nun dem Ausgang zu. Julia McNeals Ruf hatte
die Mädchen
gerettet. Stumm fielen sie sich in die Arme. Nach einigen Minuten
probierte
Susan das
Telefon, auch das hatte der Stromausfall lahmgelegt. Die
Schülerinnen
zogen sich in
die Turnhalle zurück und verbarrikadierten sich dort. Alles was
sie tun konnten, war
auf den Sonnenaufgang zu warten.
Niemand bemerkte, das Susan fehlte...
Berg hockte in seinem Wohnzimmer und nippte an einem heißen
Kakao.
Er hatte sich
inzwischen angekleidet und mehrfach versucht, zu telefonieren. Anne
und Melinda Ringwald
schliefen in eine Decke eingehüllt auf seinem Sofa und Cathy lag
zusammengesunken in
dem Sessel neben ihnen. Sie hatte einen hübsche Beule am Kopf
und war nicht erwacht
als Berg sie aus dem Nachbarhaus herüber getragen hatte. Berg
war sich zunächst
unschlüssig gewesen, ob er Cathy fesseln sollte, hatte es dann
jedoch gelassen. Der
Zustand der Besessenheit war von diesem unheimlichen Dolch ausgegangen,
so hatte
er es jedenfalls gesehen. Der Dolch... ja, der lag noch auf der anderen
Straßenseite
im Haus der Ringwalds. Ebenso wie die Leiche des jungen Deputy. Berg
war ratlos.
Er trat ans Fenster und blickte hinüber. Die Tür zum Haus
der Ringwalds bewegte
sich klappernd im Wind.
Seltsam, Berg war sich völlig sicher die Tür abgesperrt zu
haben...
THE END?