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  Zombies im Mädchenpensionat

 

  von Stefan M. Fels
 

Es war stockdunkel als Julia McNeal erwachte. Sie schlug mühsam die Augen
auf, aber die Dunkelheit blieb so undurchdringlich wie zuvor. Julia wollte
mit der Hand nach ihren Augen tasten, es gelang ihr nicht. Sie konnte ihre
Arme nicht rühren, etwas blockierte sie. Feuchtes, kaltes Erdreich und
durchweichter Stoff.
Julia spannte die Muskeln an und bewegte beide Arme. Die kalte Erde
war locker, sie gab nach. Mühelos schaufelte Julia sie beiseite, grub sich
zur Oberfläche. Die Frau geriet nicht außer Atem dabei. Julia atmete überhaupt
nicht mehr. Julia war... ein Zombie.
Der linke Arm stand seltsam verkrümmt vom Körper ab, er war beim Sturz in
die Grube gebrochen. Ihr lichtes Haar klebte naß am Kopf und war mit
Erdkrumen bedeckt. Auch ihre Kleidung war schmutzig. Julias Augen flackerten,
etwas fehlte noch, sie bückte sich und grub ihre Hände ins feuchte Erdreich.
Dann hatte sie gefunden was sie suchte, ihre Finger schlossen sich um den
Gegenstand und zogen ihn aus der Erde, wo er viele Jahrtausende gelegen
hatte. Julia erhob sich, ihr Kopf ruckte herum in Richtung der Stadt,
langsam setzte sie sich in Bewegung.

Deputy Ringwald parkte seinen Dienstwagen, einen schwarz-weißen Jeep Cheerokee,
vor seinem Haus am Waldrand. Die Untersuchungen im Fall Sam McNeal hatten
lange gedauert, es war bereits kurz nach Mitternacht. John Ringwald ging langsam
über den Kiesweg zu seinem Haus, er wollte keinen unnötigen Lärm machen, um
Cathy und die Kinder nicht zu wecken. In der linken Hand hielt er, eingeschlagen
in ein grobes Tuch, seinen Schatz: Die schwere Schatulle mit dem geheimnisvollen
Dolch darin. Ringwald betrat den Flur ohne Licht zu machen. Er verharrte kurz, dann
öffnete er die Tür zum Keller. Eine seltsame Erregung hatte ihn gepackt als er die
schmale Steintreppe hinunterstieg. Er betrat den Kellerraum, an den Wänden befanden
sich ausgestopfte Tiere: Vögel, einige Eichhörnchen sowie die Köpfe einiger größerer
Tiere. Das Präparieren war neben der Jagd Ringwalds größtes Hobby. Allerdings mußte
er die Tiere allesamt im Keller ausstellen, Cathy haßte es tote Tiere um sich zu haben.
Cathy. Ein merkwürdiges Gefühl erfaßte Ringwald als er an seine junge Frau dachte.
Nervös nahm er an dem kleinen Tisch Platz, der mit den Werkzeugen und Chemikalien
 zur Präparation überhäuft war, und stellte die kostbare Schatulle vor sich hin. Durch
ein kleines Fenster fiel fahles Mondlicht in den Raum. Ringwald schaltete die Tischlampe
ein und klappte beinahe ehrfürchtig die Schatulle auf. Ein leichter Regen hatte
eingesetzt und wurde vom Wind gegen das Kellerfenster gedrückt. Die Reflexion
der Lampe auf der blanken Klinge erhellte Ringwalds Gesicht. Er nahm die Waffe aus
dem Behältnis und wog sie in seiner Hand. Sie war ungewöhnlich schwer und der Griff
fühlte sich warm an in seiner Hand, beinahe schon lebendig. Ringwald verharrte minutenlang,
der leichte Regen wurde zu einem ausgewachsenen Gewitter und ein Blitz erhellte
den Kellerraum. Eine Sekunde später folgte der Donner und die Lampe erlosch.
Ringwald trat vom Tisch zurück, der Stuhl kippte um und schlug polternd zu Boden.
Wieder erhellte ein Blitz den Keller. Ringwald hielt den Dolch fest in der Hand und lächelte
bösartig, seine Augen glühten schockgrün!

Mit ungelenken, abgehackten Bewegungen schritt Julia durch den finsteren Wald. Ihre
Kleider klebten feucht und klamm am Körper, aber das konnte Julia nicht mehr spüren, mit
gleichmäßigen Bewegungen näherte sie sich der Stadt. Triple Hill. Dort gab es Leben,
dieses Leben war Julias Feind. In ihrer rechten Hand hielt die Tote eine schwere, grünlich
schimmernde Kette mit einem großen Medaillon. Es war die Macht dieser Kette, die Julias
toten Körper lenkte. Früher hatte die übergewichtige Frau eine Gehhilfe benötigt und war
schnell außer Atem geraten. Nun marschierte sie seit über einer Stunde wie ein Automat
über den schlammigen, unebenen Waldboden. Gestrüpp und Äste zerrissen den Stoff ihres
Kleides. Als Julia den Wald verließ verschwand der Mond endgültig hinter dichten Wolken
und ein heftiger Regen setzte ein. Mit staksigen Schritten näherte sich Julia dem alten Friedhof
außerhalb von Triple Hill. Das rostige, uralte Tor quietschte als Julia es aufstieß. Der Wind
steigerte sich zu einem regelrechten Sturm und der Widerschein der zuckenden Blitze
enthüllte eine grausige Szene: Julia stand wie eine Königin mitten auf dem alten Friedhof,
um sie herum wühlten sich die Toten aus ihren Gräbern ins Freie.

Paul Berg wälzte sich unruhig in seinem Bett umher, das Gewitter ließ ihn nicht schlafen.
Mißmutig erhob er sich schließlich und ging ans Fenster. Der hochgewachsene blonde
Mann wohnte erst seit einem halben Jahr in Triple Hill. Er war aus Kanada herüber
gekommen und wurde von den Einheimischen entsprechend mißtrauisch beäugt. Einzig
mit seinem Nachbar John Ringwald verstand sich Berg sehr gut, Auch mit dessen
Frau, mit Cathy. Er mochte sie und sie mochte ihn. Sehr sogar. Vermutlich mehr
als der Deputy erfahren sollte. Berg kniff die Augen zusammen. Der Sturm zerrte
an den Kronen der alten Bäume und peitschte den Regen gegen die Scheibe.
Die Stadt lag in völliger Finsternis, das war ungewöhnlich. Berg sah zu seinem
Radiowecker hinüber, die Leuchtanzeige war erloschen.
„Na fabelhaft“, murmelte er verdrossen, „auch noch ein Stromausfall.“
Mit einem säuerlichen Grinsen trat Berg näher ans Fenster und versuchte das Haus seines
Nachbarn auszumachen, es lag auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ein Blitz erhellte
für den Bruchteil einer Sekunde die Nacht und Berg gefror das Blut in den Adern.
Gegenüber am Wohnzimmerfenster im Erdgeschoß hatte er seinen Nachbarn John
Ringwald gesehen. Der Deputy hatte einen Dolch stoßbereit über dem Kopf gehalten
und in seinen Augen flackerte der Wahnsinn! Berg überlief ein eiskalter Schauer.
Cathy und die Kinder! Er drehte sich auf dem Absatz herum und stürzte aus dem Haus.
Im Nachbarhaus bahnte sich eine Tragödie an. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.

Cathy Ringwald glaubte verrückt zu werden. Ihr Mann John hämmerte wie von Sinnen
mit Fäusten gegen die Eßzimmertür und stieß dabei wüste Drohungen aus. Hinter Cathy
drückten sich Anne und Melinda, die Zwillinge ängstlich gegeneinander. Christopher, der
Jüngste, schlief in dieser Nacht außerhalb bei einem seiner Freunde. Cathy stemmte sich
mit aller Kraft gegen die Kommode, die sie hastig vor die  Tür geschoben hatte. Sie fröstelte,
plötzlich hatte John im Schlafzimmer gestanden, mit glühenden Augen und einem Dolch
in Händen. Er war wie von Sinnen gewesen und hatte sie und die Kinder töten wollen.
Zum Glück war er in seiner Raserei so unglücklich gestürzt, das Cathy mit den Zwillingen
ins Eßzimmer flüchten konnte. Dort allerdings war die Flucht zu ende gewesen.
Mittlerweile war es still geworden vor der Tür, Cathy wischte sich fahrig die langen
schwarzen  Haare aus der Stirn, ihre Hände zitterten wie Espenlaub. Cathy fror
erbärmlich in dem dünnen Nachthemd, das überdies bei der Flucht durch die Wohnung
zerrissen war. Sie sah sich nach einer Decke oder etwas ähnlichem um. Ein lautes
Krachen ließ sie zusammenfahren, sie fuhr herum. Direkt vor ihrem Gesicht ragte
die blitzende Dolchklinge aus dem Türblatt!
Cathy schrie gellend.

Julia schritt einer grausigen Armee von Untoten voran. Lebende Tote in allen Stadien der
Verwesung folgten ihr mit unsicheren Bewegungen. In der Dunkelheit, in Regen und
Sturm war ihre Anzahl nicht auszumachen, es mußten Dutzende sein. Julia blieb kurz
stehen um zu lauschen. Der Regen prasselte auf die Körper der Untoten, der Sturm
zerrte wütend an den Überresten ihrer Kleidung. Julia trug das Amulett mittlerweile
um den Hals. Sie drehte ruckend ihren Kopf, ihre toten Augen glotzten in das Unwetter.
Sie suchte. Sie suchte den Dolch. Deutlich konnte sie seinen Ruf vernehmen. Nur wenn
der Dolch und das Amulett vereint waren konnten sie ihre ganze Macht ausspielen. Den
Träger übermächtig machen und diesen Planeten beherrschen! Julia empfing etwas, eine
Schwingung, jetzt schon viel näher. Sie setzte sich wieder in Bewegung, ihre Schritte waren
sicherer und kraftvoller als sie es zu ihren Lebzeiten je gewesen waren. Das Heer der
Untoten folgte ihr. Die lebenden Leichen stimmten einen schaurigen, klagenden Gesang
an. Es würde eine endlose Nacht werden, eine Nacht die Triple Hill niemals
vergessen würde.

„John? John, wo stecken Sie? Geben Sie doch Antwort! Cathy?“
Bergs Stimme hallte durch den dunklen Korridor. Dieser verdammte Stromausfall.
Berg durchschritt die Küche der Ringwalds. Nur das grelle Licht der Blitze erhellte immer
wieder für den Bruchteil von Sekunden die völlige Finsternis. Zudem übertönte das Geräusch
des Sturms und der Donner jedes andere Geräusch, Berg sah sich immer wieder nervös um.
Das Bild des rasenden Deputy mit dem Dolch hatte sich tief in seine Gedanken gegraben.
Berg hielt in seinen Bewegungen inne, er hatte etwas gehört. Ein leises Wimmern, ein
Schluchzen. Cathy! Sie war noch am Leben. Berg näherte sich der Tür zum Eßzimmer,
er kannte das Haus seines Nachbarn von einigen Besuchen. Berg blieb vor der Tür stehen,
in Kopfhöhe war ein großes Loch hinein geschlagen worden. Das Schluchzen war hinter
der Tür erklungen.
„Cathy? Cathy, bist du das?“, flüsterte Berg.
Das leise Schluchzen verstummte und Cathys Gesicht in dem Loch in der Tür. Sie war blaß,
ihr Haar hing ihr wirr in die Stirn, ihre Lippen zitterten. Berg wollte ihr gerade beruhigend
zureden als sich Cathys Augen weiteten, ihr Mund öffnete sich zu einem schrillen Schrei,
„Nnneeeeeeiiiiiiiin!“
Berg wirbelte herum, hinter ihm stand hochaufgerichtet John Ringwald! Er hatte
Schaum vor dem Mund, seine Augen glühten, in der Hand hielt er den Dolch hoch
erhoben. Bereit zum Stoß. Dann sauste die Klinge auf Berg herab.

Es war ein Bild des Grauens. Die Tür hatte dem Ansturm der Untoten nicht lange standgehalten.
Nun strömten die lebenden Leichen zu Dutzenden in das Mädchenpensionat „Northern Grounds“.
Zunächst hatten die Mädchen das Ganze noch für einen äußerst makabren Scherz gehalten,
dann war eine heillose Panik ausgebrochen. Inzwischen hatten sich die Überlebenden in
der Aula verschanzt. Doch nicht alle Bewohner der kleinen Privatschule hatten es geschafft
dem Strom der Zombies zu entkommen. Einige waren in den verwinkelten Gängen eingekesselt
worden und den hungrigen Toten in die gierigen Klauen gefallen. Ein schauriges Schmatzen
und das Krachen von Knochen hallte durch die Flure und vermischte sich mit dem auf-
und abschwellenden Gesang der wandelnden Leichen.
„Man muß doch etwas tun können!“, weinte Susan Warren und kauerte sich zusammen. Susan
war die Tochter des einzigen Arztes in Triple Hill und besuchte deswegen die teure Elite-Schule.
Sie war 17, wie die meisten der knapp 20 Mädchen, rothaarig und etwas pummelig.
Gina Davenport legte beruhigend den Arm um die jüngere Mitschülerin,
„Hey, beruhige dich, Sue, alles wird gut. Außerdem bin ich ja bei dir.“
Susan blickte aus verweinten Augen zu Gina auf, die tatsächlich ein zuversichtliches Grinsen
zustande brachte. Die blonde Gina war mit ihren 19 Jahren die älteste an der Schule, ihr Vater ein
reicher New Yorker Anwalt hatte seine einzige Tochter aufs Land geschickt wo sie „keinen
Unfug machen konnte“, wie er es formuliert hatte. Gina war der Troubleshooter unter
den ansonsten braven „Northern Grounders“ und außerdem Susans Vorbild. Im Moment
hatte Gina allerdings genausoviel Angst wie alle anderen in der dunklen Aula, auch wenn
sie es besser verbergen konnte. Noch immer lächelte sie Susan an und diese lächelte
ängstlich zurück.
Plötzlich zerbarst eines der vergitterten Fenster und ein Knochenarm schob sich herein und
tastete blind um sich! Susan schrie.

Berg warf sich geistesgegenwärtig zur Seite und die blitzende Dolchklinge fuhr krachend in
den Türrahmen. Cathys Schrei hallte durch die stockfinstere Küche. Berg kroch hastig über
den Fußboden in Richtung Ausgang, er verfluchte sich dafür keine Waffe mitgenommen zu
haben. Plötzlich trafen ihn John Ringwalds Fäuste in die Nieren., Berg stöhnte auf und sackte
zu Boden. Er wollte sich herumwerfen, aber da fühlte er schon den stahlharten Griff des
Deputys an seiner Kehle. Berg stemmte sich verbissen gegen seinen rasenden Nachbarn.
Schon wurde ihm die Luft knapp. Sterne tanzten vor seinen Augen, er fühlte, das er
gleich ohnmächtig werden würde. Mit letzter Kraft rammte er Ringwald den
Ellenbogen in den Unterleib. Zwecklos, der unbarmherzige Griff des Polizisten
lockerte sich nicht. Schon begannen rote Nebel vor Bergs Augen zu tanzen. Ein
endloser schwarzer Schacht tat sich vor ihm auf, er schloß mit seinem Leben ab.
Plötzlich hörte er ein widerliches schmatzendes Geräusch. Ein Stöhnen ertönte und
der eisenharte Griff an seinem Hals war verschwunden. Neben ihm schlug Ringwald
schwer auf den Küchenboden und blieb neben Berg liegen. Aus toten Augen starrte er
gegen die Decke. Berg drehte sich zur Tür herum, dort stand Cathy. Sie hielt den
blutigen Dolch in ihren zitternden Händen, ihr Blick war eine Mischung aus
Fassungslosigkeit und Erleichterung. Berg atmete tief durch und versuchte ein
Lächeln. Doch plötzlich war da ein Glühen in Cathys Augen und ein böses Lächeln
spielte um ihre Lippen.
„Oh nein“, stöhnte Berg, „das kann doch alles nicht wahr sein.“

Julia war wütend, sie drohte die Kontrolle über das Heer der Untoten zu verlieren. Die
Kraft des Amuletts hatte den Toten nicht nur ein neues, anderes Leben eingehaucht,
sondern auch deren Hunger geweckt. Den Hunger auf Fleisch. Auf das Fleisch der Lebenden.
Beim Zug durch Triple Hill war die Kolonne auch an der kleinen Privatschule
vorbeigekommen. Die Zombies hatten die Menschen in dem flachen Bau gewittert und
waren dann in das Gebäude eingedrungen. Julia hatte sie nicht davon abhalten können.
Nun stand sie im prasselnden Regen und Sturm auf der unbeleuchteten Hauptstraße
und konzentrierte ihre erwachenden mentalen Kräfte. Sie mußte den Dolch in die
Hände bekommen! So schnell wie nur möglich. Und dazu benötigte sie die Hilfe
dieser törichten Untoten. Julia wandte ihren Kopf in Richtung der Privatschule und
begann mit hohler Stimme die Toten zu rufen.

Nackte Panik herrschte in der Aula der „Northern Grounds“ Mädchenschule.
Die knochige Totenklaue ragte in den Raum und zuckte vor und zurück wie eine
wütende Schlange. Plötzlich hatten sich die Knochenfinger in Ginas blonden Haarschopf
gekrallt. Gina keuchte überrascht und wurde gegen das Fenster gerissen. Ihre Augen
waren weit geöffnet, sie war viel zu überrascht um zu schreien. Susan und eine Mitschülerin
sprangen auf um Gina zu Hilfe zu eilen, aber da hatte die Knochenhand die hübsche
Blondine schon gegen das Fenster gezerrt, wo sofort mehrere andere Totenarme sich
in ihr Nachthemd krallten und es zerrissen. Susan drosch verzweifelt auf die Knochenarme
ein, die Angst um ihre Freundin verlieh ihr nie gekannte zusätzliche Kraft.
Knochenhände verkrallten sich in Ginas Gesicht und mit einem entsetzlichen Ruck
wurde sie durch die Gitterstäbe vor dem Fenster gerissen. Man hörte das Brechen
von Knochen und das triumphierende Geheule der Toten. Zurück blieben nur blutige
Gitterstäbe und ein einzelner Pantoffel. Ein Damm brach in Susan, sie sah sich hektisch
um und entdeckte die gekreuzten Säbel über dem Kamin. Mit einem Schritt stand sie
vor dem Kamin, kippte einen Sessel um und stieg darauf. Sie riß die beiden Säbel an
sich und sprang zu Boden. Krachend barsten die beiden Türen die in die Aula führten
gleichzeitig und Dutzende Untote wälzten sich herein. Auch durch das zerstörte
Fenster waren zwei Zombies eingedrungen. Rücken an Rücken standen die
verbliebenen acht Mädchen und ihre Direktorin gegen eine zehnfache Übermacht.
„Alles aus...“, murmelte Susan.

Berg bewegte sich langsam von Cathy weg, dabei behielt er sie genau im Auge. Sie
folgte ihm mit geschmeidigen Bewegungen. Ihr zerrissenes Nachthemd klaffte weit
auseinander und ließ viel von ihrer aufregenden Figur sehen. Cathy lachte bösartig.
Mit tastenden Schritten bewegte Berg sich rückwärts von ihr fort, er wollte die
Wahnsinnige zunächst von den Kindern weg lotsen. Als Berg den Küchentisch zwischen
sich und Cathy gebracht hatte, stieß er das Möbelstück mit Wucht gegen sie und rannte
dann auf den Flur hinaus. Er hörte wie Cathy den Tisch einfach zur Seite schlug und
ihm dann nachsetzte. Mit zwei langen Schritten war Berg im Flur. Es blieb keine Zeit
sich zu orientieren, er hetzte blind die Treppe in den ersten Stock hinauf. Der Waffenschrank!
Im Korridor neben dem Schlafzimmer der Ringwalds befand sich ein kleiner Waffenschrank.
Berg erreichte das obere Ende der Treppe und hetzte ins Dunkle voran. Dicht hinter sich
hörte er Cathys Schritte und ihr Fluchen. Mit Wucht prallte Berg im Dunklen gegen
den Waffenschrank. Er fluchte. Der Schrank war natürlich abgeschlossen und der
konnte ihn ja nicht gut mit der bloßen Hand einschlagen. Cathy erschien am Treppenabsatz
und verharrte für einen Moment. Dann starrte sie zu Berg hinüber und ihre Augen
glühten hellgrün in der Finsternis. Berg konnte sehen wie sie sich zu Schlitzen
verengten, höchstens 5 Schritte trennten ihn noch von der Furie. Ein häßliches
Fauchen drang aus Cathys Kehle, dann stürzte sie wieder auf Berg los. Der handelte.
Er trat an die gegenüberliegende Wand zurück um Schwung zu holen. Dabei
spürte er einen Bilderrahmen im Rücken. Mit einer fließenden Bewegung riß er
das Bild von der Wand um hämmerte es in die Glastür des Waffenschranks.
Seine Rechte schloß sich um den Lauf einer Schrotflinte. Als er sie aus der Vitrine
riß, prallte Cathy gegen ihn. Berg taumelte rückwärts und schwang das Gewehr wie
eine Keule. Er traf. Ein trockenes Krachen war zu hören und das Glühen in Cathys
Augen erlosch. Sie stürzte zu Boden und blieb reglos liegen. Schweratmend ließ sich
Berg in die Knie sinken.

Mit dem Mut der Verzweiflung drosch Susan in die Wand aus gierigen Armen und
ausdruckslosen Totengesichtern ein. Immer enger rückten die Verbliebenen zusammen,
wehrten sich mit abgebrochenen Stuhlbeinen und den beiden Deko-Säbeln gegen die
Zombies. Eine kurze Unaufmerksamkeit kostete die Direktorin das Leben. Plötzlich schlossen
sich eiskalte Totenhände wie Schraubstöcke um ihr Handgelenk und zerrten sie in die
schaurige Masse der Untoten. Mrs Carson wurde zu Boden gerissen und von der Woge
der lebenden Leichen begraben. Ein grausiger Schrei erklang als sie ihr die Arme ausrissen,
dann verstummte sie. Der Widerstand der Mädchen war gebrochen. Immer mehr erlahmte ihre
Abwehr, immer enger schloß sich der Kreis um sie. Dann hatten die Klauen der Untoten sie
erreicht, auch Susan wurde von kalten teigigen Händen gepackt. Ein wurmzerfressenes
Totengesicht erschien direkt vor ihrem und der Mund voller langer, schiefer Zähne
öffnete sich langsam. Susan roch den fauligen Atem, sie schrie nicht mehr, sie schloß
einfach die Augen. Dann war plötzlich der Druck an ihrem Handgelenk weg. Kraftlos
sackte Susan zu Boden und öffnete zögernd die Augen. Die Untoten hatten sich urplötzlich
abgewandt und strebten nun dem Ausgang zu. Julia McNeals Ruf hatte die Mädchen
gerettet. Stumm fielen sie sich in die Arme. Nach einigen Minuten probierte Susan das
Telefon, auch das hatte der Stromausfall lahmgelegt. Die Schülerinnen zogen sich in
die Turnhalle zurück und verbarrikadierten sich dort. Alles was sie tun konnten, war
auf den Sonnenaufgang zu warten.
Niemand bemerkte, das Susan fehlte...

Berg hockte in seinem Wohnzimmer und nippte an einem heißen Kakao. Er hatte sich
inzwischen angekleidet und mehrfach versucht, zu telefonieren. Anne und Melinda Ringwald
schliefen in eine Decke eingehüllt auf seinem Sofa und Cathy lag zusammengesunken in
dem Sessel neben ihnen. Sie hatte einen hübsche Beule am Kopf und war nicht erwacht
als Berg sie aus dem Nachbarhaus herüber getragen hatte. Berg war sich zunächst
unschlüssig gewesen, ob er Cathy fesseln sollte, hatte es dann jedoch gelassen. Der
Zustand der Besessenheit war von diesem unheimlichen Dolch ausgegangen, so hatte
er es jedenfalls gesehen. Der Dolch... ja, der lag noch auf der anderen Straßenseite
im Haus der Ringwalds. Ebenso wie die Leiche des jungen Deputy. Berg war ratlos.
Er trat ans Fenster und blickte hinüber. Die Tür zum Haus der Ringwalds bewegte
sich klappernd im Wind.
Seltsam, Berg war sich völlig sicher die Tür abgesperrt zu haben...
 

THE END?